Montag, 16. Mai 2011

Die Maut. Eine Geschichte voller Missverständnisse.


Gibt es Faktoren, die die Gönnerhaftigkeit unserer Patienten beeinflusst? Ich glaube nicht. Wer Trinkgeld geben will, der gibt. Mir fällt dies besonders dann auf, wenn ich Beifahrer habe, die sehr fixiert auf Trinkgeld sind. Ich beobachte dann immer wie sie versuchen besonders charmant und schmeichelhaft auf die Patienten einzureden, gerne auch ein bisschen auf die Tränendrüse drücken und dann aber doch wieder furchtbar enttäuscht sind, weil die Pensionistin mit der Mindestrente nur zwei Euro rausrückt. Für mich ist das immer ein bisschen demotivierend mit solchen Menschen zusammenzuarbeiten. Nichts gegen Prostitution, ein bisschen „Hure“ ist ja jeder von uns. Aber wenn ich meine gute Laune von den Almosen meiner Patienten abhängig mache, dann läuft hier doch irgendwas komplett falsch.
Warum Patienten überhaupt Maut geben ist mir nicht ganz klar. Ich würde von mir aus nie auf die Idee kommen medizinischem Personal Geld für die geleistete Arbeit zu geben – aber natürlich freue ich mich auch wenn ich weiß, dass das heutige Mittagessen nicht aus eigener Tasche gezahlt wird. Und darum fahre ich auch lieber nur mit einem einzelnen Beifahrer. Durch zwei lässt sich irgendwie leichter teilen als durch drei.
Reiche Leute beispielsweise geben erstaunlich wenig Maut. Liegt das an unserer Erwartungshaltung, weil wir Prunk und Glanz sehen und dann natürlich enttäuscht sind wenn es nur fünf Euro gibt? Reiche Menschen sind ja deshalb reich, weil sie ihr Geld BEHALTEN. Würden sie es über den gesamten Globus verteilen wären sie ja nicht mehr reich. Ärmlich wirkende hingegen zeigen sich häufig erstaunlich großzügig. Weil ich mit der Zeit wirklich ein schlechtes Gewissen entwickelt habe wenn ich von solchen Menschen Geld annehme, habe ich mir angewöhnt von diesen Leuten das Geld abzulehnen oder sie um eine etwas kleinere, angemessene Summe zu bitten, wenn sie sehr darauf beharren uns etwas zu geben.
Ein wenig beleidigt fühle ich mich, wenn die Mannschaft zum Wunschbrunnen avanciert. Es gibt Leute die scheinbar denken, sie könnten ihr ganzes Kleingeld bei uns loswerden. Auch hier habe ich mir angewöhnt dankend aber vehement abzulehnen.
So versuche ich nun also meine Erwartungshaltung so gering wie möglich zu halten und bin über alle Maße happy wenn unter’m Strich jeder mit 5€ aussteigt. Reich und berühmt werd ich ja ohnehin noch früh genug. Haha.

Dienstag, 10. Mai 2011

Disziplin und Pflichtgefühl – eine Utopie (?)


Von allen Jobs, die ich bisher hatte (und das waren einige) habe ich mich auf keinen gefreut. Heute ist es so, dass ich zu Hause sitze und angesichts meiner zwei freien Tage wirklich überlege, was mich wohl an meinem nächsten Arbeitstag erwarten wird. Mitwelchem Wagen ich fahren werde, ob mein geliebter Johnnie wieder in der Garage steht und wer wohl mein Beifahrer sein wird. Alles in allem kreisen meine Gedanken also viel um die Arbeit, aber ohne mich dabei zu belasten. Und das find‘ ich doch irgendwie sehr schön. Auch zuhause rede ich viel und gerne von der Arbeit und überlege was ich besser oder anders machen könnte. Rückschläge oder anstrengende Tage sind schnell vergessen wenn ich dafür das Gefühl habe unter’m Strich doch wieder eine gute Leistung gezeigt und unsere Passagiere mit einem Lächeln ans Ziel gebracht zu haben.
Woher kommt das? Ist das damit zu begründen, dass wir uns durch unsere Uniformierung irgendwie verbundener zueinander fühlen? Oder weil man – wenn man sich trifft – automatisch von irgendwo ein gemeinsames Feindbild aufbaut und sich gegen dieses verbündet?
Nun, wie auch immer die Antwort lautet: ich liebe meinen Job. Noch schöner wäre es, wenn die Rahmenbedingungen nicht so belastend wären aber noch überwiegt die Zeit, in der das Arbeiten flüssig und rund geht. Ich verspüre immer ein besonderes Bedürfnis mich in der Öffentlichkeit vernünftig und sympathisch zu präsentieren, da ich ja nach außen hin eine Rettungsorganisation vertrete. Interessant ist es hierbei, wenn man mit Kollegen spricht. Jeder empfindet das ein bisschen anders, jeder legt auf andere Dinge wert und für jeden sind andere Prinzipien ausschlaggebend für die Wirkung in der Öffentlichkeit.
Mein Lieblingsinstrument hierfür ist die bedingungslose Höflichkeit, sowohl gegenüber den Patienten als auch gegenüber den Kollegen. Das Leben ist so viel einfacher wenn man auf höfliche und respektvolle Weise die Grenzen abstecken kann. Ist Disziplin also tatsächlich nur das Abarbeiten eines vorgegeben Verhaltensalgorithmus? Ich glaube nicht. Diszipliniertes Arbeiten manifestiert sich nicht durch blinden Gehorsam sondern durch eine selbstkritische Leistungsbereitschaft. Im Sinne des Qualitätsmanagements sollte man hier also vor allem mit den Patienten und in weiterer Folge mit den Kollegen sprechen, um Qualitätsmanagement sinnvoll durchzuführen. Hoffentlich wird man also irgendwann aufhören, die Kollegen zu quälen weil sie einen nicht uniformkonformen Schal tragen und vielleicht genauer hinterfragen ob es nicht doch wichtiger wäre auf gute Arbeitsbedingungen zu achten.
In diesem Sinne:
Liebe, Licht und Sternenstaub J