Freitag, 28. Januar 2011

Rollenverteilung im Team

Zumeist ist man ja im Dienst zu zweit, respektive zu dritt. Beim Patienten bleibt oft nicht allzu viel Zeit um sich zusammenzusetzen, ein Brainstorming zu machen und dann zu entscheiden was wohl die beste Maßnahme wäre um dem Patienten zu helfen - da muss die Entscheidung, ob man einen Arzt hinzuzieht, recht rasch getroffen werden und man muss einander vertrauen, dass das die richtige Entscheidung ist. Dieser Passus ist im übrigen kein MUSS, sondern gibt lediglich die Art und Weise wieder, wie ich mir das Leben im Einsatzfall leichter mache.

Die Rollenverteilung im Team lässt sich grob gliedern wie folgt:

Der Denker ("Transportführer"):
Er bewertet die Situation, gibt Anweisungen, trifft die Entscheidungen und kontrolliert die korrekte Ausführung. Mit einem Auge betrachtet er alles was passiert, mit dem anderen Auge bleibt er beim Patienten um gegebenenfalls reagieren zu können.

Der Henker:
Er führt aus. Wichtig ist hierbei wieder die eigene Kompetenz zu kennen. Wenn man schon länger nicht mehr Blutdruck gemessen hat, wäre es wohl besser nicht erst am Patienten zu üben sondern vorher oder nacher einen Kollegen als Versuchskaninchen heranzuziehen. Das sollte er dann aber auch zugeben können und nicht wie in der Lotterie mit Werten herumjonglieren, die das Attribut "fantastisch" nur aufgrund ihres Wortstammes verdient haben.


In der Praxis heißt das also:
Man ist nicht automatisch immer und überall bis ans Dienstende Denker oder Henker. Die Talente sind unterschiedlich verteilt. Der eine ist bei internen Notfällen sattelfester, der andere hat dafür wiederum ein besseres Händchen mit Kindern. "Gute Zusammenarbeit" bedeutet auch - oder "vor allem" - zu wissen, worin man gut ist und ob man mit der Situation umgehen kann. Wenn ich sehe dass mein Kollege die Patientin nur anschaut und sofort checkt was Sache ist, was zu tun ist und wo das Problem liegt, werde ich mich hüten ihm ins Handwerk zu pfuschen, sondern lediglich rückfragen wie ich ihm noch helfen kann und was er neben dem Basis-Programm weiter benötigt.

Wer bestimmt also, wer "Denker" ist? Nun, am leichtesten lässt sich diese Frage mit "die Situation" beantworten. Ich hatte auch schon Praktikanten oder Zivildiener dabei, die dermaßen souverän agiert haben, dass ich mich im Hintergrund gehalten habe und sie möglichst selbstständig habe arbeiten lassen. Bei Rückfragen war ich für sie da, wenn Sie Vitalparameter benötigen erhebe ich diese und wenn ich sehe dass noch etwas zu tun ist, tue ich es selbstständig. Es ist also keine Frage von Dienstjahren sondern lediglich von Gespür für die Situation und die Menschen, die dabei sind.

Ungereimtheiten vor dem Patienten (oder anderen Personen) auszutragen ist ein No-Go und wenn ich nicht fest davon überzeugt bin, dass eine Entscheidung zu Lasten des Patienten oder des Teams gefällt wird, mische ich mich auf keinen Fall ein, gebe bestenfalls einen Einwand kund und will schnell wieder Einigkeit herstellen.

Unter'm Strich lässt es sich so zusammenfassen, dass wir - so kitschig das auch klingt - füreinander da sein müssen und uns gegenseitig den Rücken freihalten. Selbstdarsteller (siehe "Rettungsrambo") sind hier fehl am Platz und werden weder den Patienten, noch die Kollegen, die Organisation oder - und das ist das Schlimmste - sich selbst zufrieden stellen. Die Qualität der Arbeit leidet unter dem Profilierungsdrang des Einzelnen.

Hier kommt auch der Punkt "Vertrauen" ins Spiel.
Einen massiven Nachteil, den der Rettungsdienst gegenüber Feuerwehr und Polizei hat, ist die enorme Fluktuation an Personen. Man hat nicht automatisch immer das gleiche Team. Oft kommt man (gerade als Praktikant) zu zwei vollkommen fremden Personen, deren Kompetenz und Arbeitsweise man nicht kennt. Dennoch sollte man ihnen Vertrauen können, was verständlicher Weise nicht immer ganz einfach ist. Aber umso wichtiger sind die sog. "Soft-Skills", die da besagen dass ich mich in ein bestehendes Team einordnen kann, oder eben erkenne wo mein Platz ist - und dass ich demjenigen, der mir aufs Auto zugeteilt wird, eine Chance gebe sich zu beweisen.
Wenn ich also nicht gerade die Superlative der Inkompetenz vor mir habe, dann vertraue ich den Leuten einfach. Und das ist eine ganz wichtige und vielfach unterschätzte Eigenschaft, die für die Zusammenarbeit im Team von essentieller Bedeutung ist.

Schlussworte:
Arbeitet ordentlich, aber vorallem: Arbeitet zusammen.

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